klicken Sie hier für einen Rücksprung

Feuilleton online Kunsthalle Emden - Der Garten in der Kunst
1.10.2009 / Anne Schäfer-Junker

Garten Eden - Der Garten in der Kunst seit 1900

Kunsthalle Emden, Hrsg. Nils Ohlsen

Ilkka Halso Museum I, 2003

Das Buch zur Ausstellung: Garten Eden – Der Garten in der Kunst seit 1900, Kunsthalle Emden 2007

Hrsg. V. Nils Ohlsen

DUMONT 2007/2008

Der Titel dieser Ausstellung der Kunsthalle Emden 2007/2008 gibt den verbal treffenden Einstieg zu einer umfassenden Betrachtung des Themas Garten und Kunst in den Werken von 91 Künstlern. Die Ausstellung, die bereits 2008 stattfand, ist in hervorragender Zusammenschau im Katalog gleichen Titels dokumentiert. Die essayistischen Beiträge zu den Abbildungen liefern in ihrer Gesamtheit viele Hintergründe für die Lebens- und Schaffensweise der einzelnen Künstler und beschreiben ausführlich ihre Beschäftigung mit den Themen Landschaft, Garten, Pflanzen, Lebenskraft, Natur.

Das Buch zu dieser Ausstellung ist noch heute in Emden erhältlich. Die gelungenen historischen Bezüge in den Texten machen deutlich, welche Rolle Gärten und Landschaften in der Kunst seit dem 19. Jahrhunderts gespielt haben: sie waren ein ständiges großes Thema und wirklich jeder Künstler und besonders jede Künstlerin hat sich mindestens Pflanzenstudien gewidmet und eigene Bildwelten zu diesen Themen erfunden. Egal ob Impressionisten, Surrealisten, Worpsweder Künstler, Zero-Künstler, finnische oder japanische Kunst, oder die Gartenlandschaft von Monet in Giverny – in ihren Farbstudien finden sich in allen Oeuvres, nicht nur denen des 19. Jahrhunderts, sondern besonders in der zeitgenössischen Kunst jüngerer Künstler Landschaftsmalerei und Foto-Collagen, die sich mit dem empfindlichen Kulturgut „Natur“ auseinandersetzen.

Das Motto der Emder Ausstellung >Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum<³ variiert der Autor Nils Ohlsen (Herausgeber im Auftrag der Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo) in seinem Einleitungsbeitrag in allen Bezugsebenen gesellschaftlicher und künstlerischer Bedeutung von Gärten. Ein Blick in die kunsthistorischen und philosophischen Bezüge der Gärten in allen Menschheitskulturen läßt die hohe Bedeutung für die Menschheitskultur seit Jahrtausenden augenfällig werden. (³Dieter Kienast/Sehnsucht nach dem Paradies, in: Die Poetik des Gartens, Über Chaos und Ordnung in der Landschaftsarchitektur, Basel, Berlin, Boston, 2002, S. 76)

So kann hier ohne Zweifel behauptet werden, daß dieses Motto der Emder Ausstellung, direkt oder indirekt - ausgesprochen und unausgesprochen - auch das Motto aller Gartenschauen ist. „Die Fülle und Vielseitigkeit der Auseinandersetzung mit dem Garten in der Kunst seit dem späten 19. Jahrhundert belegt die zeitlose Aktualität und Faszination des Themas. Auf der Basis postmoderner Aneignung traditioneller kultureller Topoi ist der Garten in der Gegenwartskunst als mögliches Vorbild der modernen Lebenswelt wiederentdeckt worden. Von der ungegenständlichen Abstraktion bis zur erzählerischen Dokumentation kommt das ganze Spektrum formaler Möglichkeiten zum Tragen, während auf inhaltlicher Ebene vielfältige Bezüge zu Geschichte, Religion, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik hergestellt werden. Hier zeigt sich beispielhaft, wie wirksam Kunst in das Denken und Handeln des einzelnen Menschen und der Gesellschaft eingreifen kann. Trotz oder gerade weil der Garten heute gemeinhin als bürgerlich und unspektakulär verstanden wird, birgt das Thema ein besonderes großes Potenzial. Gerade indem die Künstler diesen Ort, den jeder kennt, mag und zu verstehen glaubt, in ihren Werken neu interpretieren, lassen sie beim Betrachter Sensibilität, Fragen und Neugier aufkommen.“ (Nils Ohlsen)

Besonders herausgestellt sei der Beitrag von Janos Frecot „Das Stativ im grünen. Fotografische Annäherungen an die Pflanzenwelt“. Er bezieht sich auf Raoul Hausmann: „um im fotografischen Bild Gestalt zu erreichen, muß der Aufnehmende seinen Gegenstand nicht nur genau kennen, er muß ihn sogar lieben.“ Hier bestimmt Frecot die Position der Fotografie gegenüber der Thematik „Naturfotografie“ sehr genau. Der Katalog läßt mit relativ unbekannten Fotos von Blossfeldt, Friedlander, Gerdes, Cramer, Fischli/Weiss, Grannan, Hausmann, Dührkoop, Jones, Steichen, Shore, Selbach, Sander, Tschäpe, u.v.a. ein wahres Entdeckungsfeuerwerk zu. Dazu zählt auch der Beitrag von Sabine Schlenker – Zeitgenössische Urwald-Fotografien im Kontext der modernen Kunst, der eine gewichtigen Entdeckung enthält: die C-Prints auf Aluminium von Ilkka Halso. Dazu schreibt Schlenker: „In der heutigen Zeit sind all diese Bilder nicht mehr ohne das Wissen um die wachsende Bedrohung des Wildnis durch den Menschen zu lesen. ... Unter dem Begriff „Restauraatio“ hat der finnische Künstler Ilkka Halso Fotografien geschaffen, in denen er sich mit der schützenswerten Welt der Wildnis auseinandersetzt. Wie für die Restaurierung von Gebäuden hat er einzelne Bäume oder abgegrenzte Flächen eingerüstet und mit Schutzplanen umspannt, und es scheint, als würden hier Tag und Nacht in mühevoller Kleinarbeit die Objektes des Waldes wiederhergestellt, wieder ‚heil‘ gemacht. Bei Halso werden die Bäume und Lichtungen also zu kostbaren Gütern erklärt, die einer besonderen Pflege und Aufmerksamkeit bedürfen. Damit ist der Schritt zum Museum nicht mehr fern. In dem ebenfalls Museum genannten Bild (Museum I, 2003) setzt der Künstler ein Waldstück in den schützenden Rahmen einer museal wirkenden Architektur. Beim Betrachten dieser Fotografie kommt unweigerlich das Bild des umzäunten Gartens inmitten der öden Wildnis auf. Im Umkehrschluss wird das Stück wilde Natur bei Halso zum Paradies, zum geschützten Fleckchen Erde."

Auf 304 Seiten macht das Buch „Garten Eden – Der Garten in der Kunst seit 1900“ mit 8 Themenschwerpunkten die vielfältige und zeitlos-schöne Bedeutung der Natur für den empfindenden und beobachtenden, neugierigen und gestaltenden Menschen deutlich. Wie ein Garten, so ist auch ein Buch nicht nur das Resultat einer Idee sondern das Ergebnis fleißiger und vielfältiger Einflußnahmen von Fachkundigen oder auch von Amateuren.
Die in diesem Buch gelisteten Schwerpunkte bieten auch jedem Naturliebhaber und Hobby-Gärtner zahlreiche Amusements und Anregungen:
- Vom Dschungel zum Paradies
- Zäune und Hecken
- Der Gärtner
- Archiv und Ordnung
- Locus amoenus
- Der Garten als Labor
- Die >dritte Natur<
- und – Der Zaubergarten.
Das dabei nicht Fotografien von Gärten allerorten im Mittelpunkt stehen, sondern die bedeutenden Werke sehr bekannter und weniger bekannter Künstler übt auf den Leser einen ungeheuren Reiz aus.

Kunsthalle Emden, Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo
Tel. 04921-975050
Fax 04921975055
Internet: www.kunsthalle-emden.de
Mail: kunsthalle@kunsthalle-emden.de

Übersicht Feuilleton online ... Feuilleton online