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Luise Thal, Berlin

Schlüters Gartenhaus vor dem Köpenicker Tore

Vortrag von Goerd Peschken am 20.12.2007 vor der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft zu Berlin im Gobelin-Saal des Bode-Museums

Wassergasse 17

Albert Schwartz, Wassergasse 17, Plansammlung der Staatsbibliothek, Foto: bpk

Zur Erinnerung: Schlüter wurde um 1660 in Danzig geboren und starb am 19. Mai 1714 in St. Petersburg. Seine Grabstätte ist nicht mehr vorhanden. Er war tätig als Bildhauer und Architekt. Seine Lebens- und Wirkungsorte: Danzig, Warschau, Berlin, Potsdam, St. Petersburg. ... 1695 schickte Kurfürst Friedrich III.(I.) Schlüter nach Frankreich und die Niederlande, 1696 nach Italien, um Abgüsse für die Akademie zu erwerben. Im April 1700 kaufte Schlüter ein Wohnhaus in der Neumannsgasse, das er bis 1712 bewohnte. (Neumannsgasse führt von der Breiten Straße bis zur Brüderstraße, wo sich das Nicolai Haus befindet und wo mit dem Wohnort des Bankiers Friedrich Wilhelm Wagener und dessen Bilder-Sammlung als Vermächtnis die Begründung der Nationalgalerie auf der Museumsinsel - der nördlichen Spreeinsel - verbunden war).

In dieser Zeit baute er ein Gartenhaus - besser ein kleines Palais - für den Hausvogt Lonicer vor dem Köpenicker Tor - das ist heute südlich der Spreeinsel, in der Rungestraße. Das Palais hatte einen, in die Tiefe des Gebäudes gehenden Festsaal. Es war nicht als Künstler-Haus geplant, sondern als Gartenhaus für einen Beamten.

"Schlüter brauchte ein Refugium, wo er entwerfen und modellieren konnte", so begann Goerd Peschken seinen aufschlußreichen Vortrag im Bode-Museum. Zu bemerken ist, daß das Grundstück mit Schlüters Gartenhaus "abgelegen" von der Stadt war! Schlüter erwarb das Gartenhaus dann 1712/13 und bewohnte es. Das Haus hatte einen Ehrenhof, wie es in Palais üblich war. Dennoch wurde es um 1890 abgebrochen. Den Hof der Anlage nannte Karl Friedrich Schinkel ein Meisterwerk, "unseres nicht hoch genug zu schätzenden Schlüters, auf den das nördliche Deutschland stolzer sein kann als Italien auf den Michel Angelo".

Die Festung des großen Kurfürsten war Stadtgrenze und wurde bewacht, um Akzise einzunehmen und Dessertionen zu verhindern. Es gab keine Kasernen, sondern die Soldaten wohnten in Privatquartieren. Mit den Stein'schen Reformen fiel die Akzise um 1800 und es wurden Kasernen gebaut. Die Wassergasse ist die heutige Rungestraße, hinter der Wallstraße, am Köllnischen Park.

Auf einem Stadtplan ist zu erkennen, daß der Garten des Anwesens bis an die Köpenicker Straße heran ging. Das Palais hatte einen weiten Blick über die Spree. Peschken beschreibt als gründlicher Bauforscher die facettenreiche Geschichte der Verwandlungen dieses Gebäudes: "Ich werde Sie in die Niederungen der Bauforschung ziehen!" sagt er mit leisem Lächeln und führt in 2 Stunden seine akribischen Forschungen vor Augen.

Interessant ist, daß Pläne, die durch den Beginn der Kanalisierung dieses Gebietes (es gehörte diesbezüglich zu den ersten Berlins) angefertigt wurden, woraus sich gewisse Grundrisse des Gebäudes rekonstruieren lassen.

Stadtgeschichtliches: Von 1658 bis 1683 ließ der Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg Cölln und Berlin mit Festungswerken nach Plänen von Johann Gregor Memhardt versehen, die weitgehend entlang der alten Stadtmauer von Berlin und Cölln angelegt wurden. Nur an einigen Stellen wurden die Stadttore nach außen verlegt. 1710 wurden die Städte Berlin und Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt.

Zunehmend standen nun die Festungsmauern der städtischen Entwicklung im Wege, so dass diese ab 1834 geschleift wurden, damit Berlin mit seinen Vorstädten zusammenwachsen konnte.

Das hier abgebildete Foto von Albert Schwartz, aus der Plansammlung der Staatsbibliothek, freundlicherweise vom Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz zur Verfügung gestellt, zeigt die Eingangsseite mit Hof, zur Spree hin gelegen, und läßt die zahlreichen Um- und Anbauten erkennen, die das einstige Palais durch fast 200 Jahre Existenz erfahren hat.

Im 2. Teil des Vortrages vergleicht Peschken anschaulich durch Stiluntersuchungen das Gartenhaus Schlüters mit der Villa Kameke, die Schlüter 1711/12 für den Geheimen Rat und Staatsminister Ernst Bogislav von Kameke baute - ein Landhaus in der Dorotheenstraße 21. Das Haus Kameke, dessen Grundstück sich gleichfalls bis an das Ufer der Spree erstreckte. Anregungen entnahm Schlüter vielleicht österreichischen Landhäusern, in der Konzeption jedoch war das Gebäude einmalig. Das später mehrfach erweiterte Haus wurde im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört - die Balustraden-Skulpturen sind teilweise erhalten und im Bode-Museum ausgestellt. Es sind noch 4 Original-Zeichnungen Schlüters erhalten.

Dieser Vortrag stellt eine kleine Sensation dar - zeigt er doch, wie nah die Geschichte um die Bauherren der letzten Jahrhunderte auf und an der Spreeinsel heute noch an diesem Ort wahrnehmbar ist: Andreas Schlüter hatte hier ein Gartenhaus gebaut.

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